Baulast gegenüber der Baubehörde kann Grundstücksnutzung durch Nachbarn rechtfertigen

25.08.2017

Der Sachverhalt:
Zwischen den Parteien (Eigentümer benachbarter Wohnungseigentumsanlagen) kam es zu Streitigkeiten und tätlichen Auseinandersetzungen, woraufhin die Klägerin der Beklagten untersagte, ihren Weg zu benutzen. Der Weg war durch eine Baulast gegenüber der Stadt gesichert, wonach sie das Wegegrundstück als Zufahrt für das Nachbargrundstück zur Verfügung zu stellen hatten.
Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der Kläger änderte das OLG das Urteil dahingehend ab, dass es den Beklagten, mit dem es die tätlichen Auseinandersetzungen gab, zur Unterlassung der infrage stehenden Grundstücksnutzung verurteilte. Im Übrigen wies es die Klage ab. Das Urteil ist rechtskräftig.

Die Gründe:
Laut OLG Hamm (Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 06.07.2017 (Az. 5 U 152/16) steht den Klägern nur bezüglich des an der tätlichen Auseinandersetzung beteiligten Beklagten ein Anspruch auf Unterlassung der Nutzung des Grundstücks zum Gehen oder Fahren nach § 1004 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 903 BGB zu; im Hinblick auf die übrigen Beklagten sind die Kläger hingegen nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) zur Duldung der Nutzung verpflichtet.
Zwar begründet die von der Kläger übernommene Baulast nur eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung gegenüber der Bauaufsichtsbehörde und beinhaltet grundsätzlich kein zivilrechtliches Nutzungsrecht des Eigentümers des begünstigten Grundstücks. Dieser kann allerdings einem zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch des Eigentümers des Wegegrundstücks den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens entgegenhalten.
Wenn sich jemand gegenüber der Baubehörde verpflichtet, seinem Nachbarn ein Nutzungsrecht zu gewähren, liegt es nahe, dass er auch zivilrechtlich keine Handlungen vornehmen darf, die den Nachbarn an der Ausübung gerade dieses Rechts hindert. Dies gilt jedenfalls, solange es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Baubehörde die Baulast nicht durchsetzen oder auf sie verzichten wird.
Die Baulast sollte vorliegend sicherstellen, dass die Beklagten die rückwärtigen Stellplätze ihrer Wohnungseigentumsanlage erreichen und so die bauordnungsrechtlich erforderliche Anzahl von Stellplätzen vorhalten können. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die Baubehörde diese Baulast nicht durchsetzen oder auf sie verzichten will. Bei dieser Sachlage verletzen die Kläger mit ihrem Unterlassungsbegehren nicht nur ihre Verpflichtung aus der Baulast gegenüber der Behörde, sondern hindern zugleich die Beklagten an der Ausübung ihrer der Baulast entsprechenden Wegerechte. Das ist in Bezug auf die Beklagten, die mit den Klägern keine Auseinandersetzung geführt haben, treuwidrig.
Auf dieses treuwidrige Verhalten der Kläger kann sich allerdings der Beklagte, mit dem sich die Kläger tätlich auseinandergesetzt haben, aufgrund seines eigenen treuwidrigen Verhaltens nicht berufen. Ihm gegenüber ist das Unterlassungsbegehren der Kläger daher begründet.

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